Die Plattleite bildet die Verbindung zwischen dem Weißen Hirsch und dem Nachbarort Loschwitz und wurde früher als Hohlweg bezeichnet. Erst 1875 erfolgte ein Ausbau zur Straße, die in diesem Zusammenhang nach einem alten Flurnamen den Namen Unterer Plattleithenweg bekam. Ab 1912 ist der heutige Name Plattleite gebräuchlich. Der jenseits der Kreuzung mit der Wolfshügelstraße gelegene Abschnitt liegt auf der Flur des Weißen Hirschs und wurde dort ab 19. März 1877 Loschwitzer Weg, später Loschwitzer Straße genannt. Nach der Eingemeindung wurden beide Abschnitte vereinigt und ab 1. Juni 1926 durchgehend zur Plattleite.
An der oberen Plattleite lag ursprünglich der Kern der Gutsgemeinde Weißer Hirsch, deren letzte Häusleranwesen erst 1972 einem Parkplatz an der Einmündung des Lahmannrings weichen mussten. Früher wurde dieses Viertel "Alter Hirsch" genannt. Zu den ersten Landhäusern, die nach der Aufteilung der früheren Gutswirtschaft in Parzellen errichtet wurden, gehören die 1878/80 vom Architekten Schaeffer erbauten Villen Plattleite Nr. 43 und 45. Leider lassen diese Häuser durch spätere Umbauten ihr ursprüngliches Bild kaum noch erkennen. Um 1905 folgten im nördlichen Teil einige Wohn- und Geschäftshäuser. Entworfen wurde diese wie auch das Haus Plattleite 66 (Foto) und zahlreiche Villen am Weißen Hirsch vom Architekten Max Herfurt.
1887 bezog der Maler und Zeichner Hermann Vogel das Haus Plattleite Nr. 6 und wohnte hier bis zu seinem Tod 1922. An ihn erinnert ein Gedenkmedaillon an der Fassade. Auf der Plattleite 38 lebte nach 1945 der Jugendschriftsteller Ludwig Renn, der der alten Dresdner Offiziersfamilie Vieth von Golßenau entstammt. Zu seinen bekanntesten Werken gehören das Kinderbuch “Der Neger Nobi” und “Adel im Untergang”. Weitere Gebäude an der Plattleite beherbergten einst Sanatorien und Pensionen und werden heute zum Teil gewerblich genutzt. Das Foto (links) zeigt die ehemalige Pension Roseneck (Nr. 64), daneben die Pension “Zu den Linden” (Nr. 62).
Einzelne Gebäude:
Nr. 1b: In diesem Haus verbrachte der Maler Rudolf Zwintscher seine letzten Lebensjahre, der hier am 11. Februar 1916 verstarb. Sein Grab befindet sich auf dem Loschwitzer Friedhof
Nr. 6: Dieses Gebäude ist das frühere Wohn- und Atelierhaus des Malers und Grafikers Hermann Vogel (1854-1921). Der Künstler lebte hier ab 1887 und hatte sich das Haus von seinem Bruder Baurat Richard Vogel errichten lassen. Hermann Vogel gilt als "deutscher Märchenzeichner" und schuf zahlreiche Illustrationen für Märchenbücher und für zeitgenössische Zeitschriften. Am Haus erinnert eine Gedenktafel an ihn.
Nr. 18: Das ursprünglich als Weinbergshaus entstandene Gebäude befand sich ab 1828 im Besitz des sächsischen Konferenzministers Gottlob Adolf Ernst von Nostitz und Jänckendorf, der es als Sommerhaus nutzte. Nostitz gehörte ab 1785 dem Geheimen Finanzkollegium an und war ab 1809 Minister. Unter seiner Führung kam es zu zahlreichen sozialen Reformen. U.a. gründete er die Heilanstalt Sonnenstein in Pirna. 1830/31 war er maßgeblich an der Erarbeitung der sächsischen Landesverfassung beteiligt. Außerdem befasste er sich mit Kunst und Literatur und versammelte in seinem Sommerhaus die Künstlerfreunde des "Dresdner Liederkreises".
Das Haus besaß ursprünglich zwei größere Säle und mehrere Wohnräume. Außerdem gehörten ein Gewächshaus, Ställe und Remise sowie eine großzügige Gartenanlage zum Areal. 1832 erwarb Nostitz im Rahmen einer Lotterie das berühmte Gemälde von Caspar David Friedrich "Das Große Gehege", welches viele Jahre in seinem Loschwitzer Refugium hing. Seit 1909 gehört es zum Bestand der Gemäldegalerie "Neue Meister". Das Sommerhaus kam bereits 1838 in den Besitz des Papierhändlers Franz Rudolph Naumann. Am Eingangstor erinnert bis heute noch ein Monogramm an die Familie Nostitz.
Nr. 27: Das Grundstück ist Teil des ausgedehnten Komplexes des früheren Forschungsinstituts von Manfred von Ardenne. Der Wissenschaftler hatte dieses 1955 nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion gegründet und betrieb es bis 1990. Heute nutzen verschiedene Nachfolgefirmen des Instituts das Gelände. Markant ist ein kleines Privatobservatorium von 1966 unmittelbar an der Straße.
Nr. 33: Das Gebäude entstand Ende des 19. Jahrhunderts und wurde 1898 von Moritz Fiedler als privates Wohnhaus gekauft. Im Obergeschoss befand sich das Atelier seiner Tochter Marianne (1864-1904), die als Malerin und Lithografin tätig war und 1900 den Theologen und Schriftsteller Johannes Müller heiratete.
Nr. 35: Zu den zahlreichen Pensionen am Weißen Hirsch gehörte die 1904 errichetet Villa "Villa Quisisana", deren Name übersetzt "hier wirst du gesund" bedeutet und früher oft für Kurpensionen genutzt wurde. 1910 befand sich in der im Schweizerhausstil gestalteten Villa die Pension Budler, die bis zum Zweiten Weltkrieg im Besitz der Familie blieb (Foto links).
Nr. 39: Das Grundstück wurde um 1885 zusammen mit einigen anderen Parzellen vom Bankier Arthur Pekrun erworben, der sich an der Stangestraße 2 ein Wohnhaus errichten ließ. Der Garten wurde von Pekrun als Formobstgarten mit in spezielle Formen gebrachten Obstbäumen gestaltet und war eine Attraktion des Weißen Hirschs. Heute erinnern noch zwei erhaltene Spalierfiguren an seine Obstbaumanlage.
Nr. 40: Auch diese um 1870/71 erbaute Villa diente einst als Fremdenheim und wurde 1918 vom Lahmann- Sanatorium erworben. Weitere Pensionen befanden sich in unmittelbarer Nachbarschaft in der Nr. 43, 1878-80 vom Architekten Ferdinand Schaeffer entworfen und als "Villa Sonneneck" bezeichnet und in der Nr. 45 (Villa Anne-Marie), die unter dem Namen Pension-Erholungsheim Dilloo ihre Gäste empfing.
Nr. 48: Zu den architektonisch interessanten Gebäuden gehört die 1911 erbaute Mietvilla Plattleite 48. Mit ihrem hohen Walmdach, Erkern und zeittypischem Dekor wird sie dem sogenannten Reformstil zugerechnet, der das Baugeschehen des Kurortes um 1910 bis zum Ersten Weltkrieg prägte.
Nr. 49: Das Eckhaus zum Lahmannring entstand kurz vor dem Ersten Weltkrieg nach Entwürfen des Architekten Max Herfurt, der für zahlreiche Wohn- und Geschäftsneubauten dieser Zeit am Weißen Hirsch verantwortlich zeichnete. Es ist Teil einer Wohnhausgruppe im Reformstil, zu der auch das Gebäude Collenbuschstraße 30 gehört. Mit diesen Häusern, die zwischen Geschäftshäusern und Villen gestalterisch vermitteln sollten, erhielt der "Hirsch" ein kleines Zentrum. Nach seiner Fertigstellung 1910 diente das Gebäude als "Haus Heideblick" als Pension.
Nr. 50: Auch dieses Wohnhaus, 1907 als Mietvilla errichtet, gehört zu den zahlreichen denkmalgeschützten Bauten der Plattleite. Gestalterisch orientiert es sich am neoklassizistischen Stil mit Jugendstilelementen und farbigen Fenstern. Auch im Inneren ist die Ausstattung der Entstehungszeit bis heute weitgehend erhalten.
Nr. 51: Das Wohn- und Geschäftshaus an der Einmündung zur Bautzner Landstraße entstand 1891 und hatte seitdem eine vielseitige Nutzung. 1919 gab es im Erdgeschoss mit der Depositenkasse eine Filiale der Dresdner Bank. 1920 hatte hier der Verlag von Emil Fiedler seine Geschäftsräume. Bekannt war die um 1920 gegründete Uhrmacherei Arthur Pieper, die bis zu ihrer Aufgabe Ende der 1980er Jahre zu den Traditionsgeschäften des Weißen Hirschs gehörte.
In den oberen Etagen waren wie auch in zahlreichen Villen der Umgebung Kurgäste des Lahmann-Sanatoriums man untergebracht, die die Kureinrichtungen auf der gegenüber liegenden Straßenseite nutzten. Nach 1945 wurde das Haus zum Wohnhaus. Eine umfassende Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes erfolgte 2013. Dabei erhielt das Haus auch seine markante Wetterfahne mit dem Motiv eines Drachens zurück. Im Inneren sind noch einige Deckenmalereien aus der Entstehungszeit erhalten.
Nr. 52: In diesem Gebäude befand sich vor dem Ersten Weltkrieg die Gaststätte Bürgergarten, nach ihrem Besitzer zeitweise auch "Stohl's Gaststätte" genannt. Später ist sie auch als Hansen's Klause" bekannt. Zuvor war in den Räumen von 1900 bis 1903 das Postamt Weißer Hirsch untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es hier die private Sprachschule Rackow. Heute dient das Gebäude als Wohnhaus.
Fotos: Die frühere Gaststätte "Bürgergarten"
Nr. 54 - 60: Bei den benachbarten Häusern handelt es um typische Villen aus der Zeit der Kurortes Weißer Hirsch. Nr. 54 ist 1910 als "Villa Maria" im Adressbuch verzeichnet, Nr. 58 als "Villa Henriette". In der Nr. 56 (Baujahr 1909) befand sich vor dem Zweiten Weltkrieg die Pension Südheim, in der Nr. 60 (Baujahr 1888) die Pension Willkommen.
Fotos: Die Pensionen "Südheim" (links) und "Willkommen" (rechts)
Nr. 62: Die 1905 von Max Herfurt als Pension erbaute Villa "Zu den Linden" ist ein weiterer typischer Bau des Reformstils (Foto). Bis 1945 gehörte sie zu den "Lahmann-Villen", die vorwiegend an Gäste des Sanatoriums vermietet wurden. Bis heute wird das Haus als Hotel genutzt. Ein weiteres Fremdenheim befand sich früher im Nachbarhaus Plattleite 64, Hotel Roseneck genannt. Zeitweise gab es hier auch mit den "Wiener Moden" ein Modewarengeschäft.
Nr. 66 und 68: Beide Gebäude entstanden nach 1900 nach Plänen von Max Herfurt. Ortsbildprägend ist das Eckhaus zur Bautzner Landstraße (Nr. 68), welches ab 1895 im Erdgeschoss als Bäckerei genutzt wurde und später das bekannte Café Wachendorf beherbergte. Zurückhaltender gestaltet wurde das Wohnhaus Nr. 66 von 1905 mit Ladenräumen zur Plattleite.
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