Der Formobstgarten an der Plattleite / Ecke Stangestraße geht auf den Bankier und Obstbauexperten Arthur Pekrun (1852-1940) zurück. Pekrun hatte in Dresden das Lehr- und Erziehungsinstitut der Freimaurer in der Friedrichstadt besucht, wo sein Vater als Lehrer arbeitete. Nach einer kaufmännischen Lehre und einigen Jahren praktischer Tätigkeit gründete er mit Unterstützung seines Schwiegervaters 1881 das Bankhaus Menz, Pekrun & Co., das seinen Sitz im Hotel Windsor an der Prager Straße hatte. Zudem gehörte er den Aufsichtsräten verschiedener Firmen, u.a. der Sächsisch-Böhmischen Dampfschifffahrtsgesellschaft und der Hasseröder Papierfabrik AG zu Heidenau an. Zudem war er finanzieller Berater der I. Internationalen Gartenbauausstellung in Dresden 1887. 1890 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Bankgeschäft zurück.
Bereits Mitte der 1880er Jahre hatte Pekrun ein größeres Areal des früheren Gutes Weißer Hirsch erworben. Das Grundstück bestand aus vier Parzellen und erstreckte sich zwischen der heutigen Collenbusch- und Stangestraße und der Plattleite. Eine enge Freundschaft verband seine Familie mit der des Gutsbesitzers Ludwig Maximilian Küntzelmann, der das Areal seines Gutes zuvor aufgeteilt und an Bauwillige verkauft hatte. Auch Arthur Pekrun ließ sich an der Stangestraße (Nr. 2) ein Sommerhaus errichten (Foto rechts). Architekt der "Villa Paulus" war Friedrich August Eibig. Das angrenzende Grundstück ließ er mit Obstbäumen bepflanzen und begann, sich mit deren Pflege und Kultivierung zu befassen. Anregungen dazu hatte er auf der Gartenbauausstellung 1887 durch den Baumschulmeister Nicolaus Gaucher aus Stuttgart erhalten.
Gezielt widmete sich Arthur Pekrun dem Formobstbau, bei dem Apfelbäume gezielt an Spalieren und mit passgenauem Verschnitt in Form gebracht wurden. Dabei entwickelte er selbst immer phantasievollere Formen und experimentierte dabei mit seinem autodidaktisch erwobenen Wissen. Zwei dieser Formobstgestelle, eine "Köchin" und ein "Soldat" sind noch heute im Garten an der Plattleite zu sehen. Reste eines Obstbaumes in Form einer "Sonne" befinden sich im Archiv des Verschönerungsvereins. Für seine Verdienste um den Obstbau erhielt Pekrun 1900 eine Goldmedaille auf der Pariser Weltausstellung. Sein Gartengrundstück war zudem ein beliebtes Ziel für Kurgäste und am Obstbau interessierte Besucher, die von ihm auch praktische Tipps und Hinweise zur Pflege der Bäume erhielten (Fotos).
Neben seiner praktischen Tätigkeit verfasste Arthur Pekrun auch fachwissenschaftliche Artikel und zwei Bücher, die als Standardwerke des Obstbaus gelten. Ab 1888 gehörte er der Sächsischen Gesellschaft für Botanik und Gartenbau an und war auch bei gelegentlichen Vorträgen zu erleben. Zugleich engagierte er sich aber auch stark für seinen Heimatort, war Vorstandsmitglied und einige Jahre Vorsitzender des Verschönerungsvereins und maßgeblich am Ausbau des Kur- und Waldparks beteiligt. Bereits zu Lebzeiten erhielt ein Weg im Waldpark seinen Namen. Pekruns Grab befindet sich auf dem Tolkewitzer Johannisfriedhof. Vom einstigen Formobstgarten ist, mit Ausnahme der beiden erwähnten Spalierfiguren heute nichts mehr zu sehen. Erhalten blieb jedoch sein Wohnhaus auf der Stangestraße.
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