Die Rudolf-Leonhard-Straße entstand Mitte des 19. Jahrhunderts und trug ab 1859 den Namen Oppellstraße. Hans Ludwig von Oppell (1800-1876), Amthauptmann und Polizeidirektor von Dresden, erwarb 1836 und 1841 größere Freiflächen nördlich der Scheunenhöfe für den Bau eines neuen Wohnviertels. Nach ihm trug der heute meist als Hechtviertel bezeichnete Stadtteil ab 1855 offiziell den Namen “Neuer Anbau auf den Oppellschen Feldern” bzw. kurz “Oppellvorstadt”. Trotz Oppells Bemühungen entwickelte sich das Areal jedoch nur langsam. Zunächst siedelten sich hier Gärtnereien an, bevor nach 1875 die zunehmende Bebauung mit Mietshäusern begann.
Am 8. Februar 1956 wurde die Oppellstraße nach dem Lyriker, Dramatiker und Erzähler Rudolf Leonhard (1889-1953) in Rudolf-Leonhard-Straße umbenannt. Leonhard nahm 1918/19 an der Revolution teil, wirkte später als freischaffender Schriftsteller in Berlin und Paris, bevor er 1950 seinen Wohnsitz wieder in (Ost-)Berlin nahm. Hier widmete er sich in seinen letzten Lebensjahren als Vorstand des DDR-Schriftstellerverbandes vor allem der literarischen Ausbildung junger Schriftsteller.
Trotz einiger Kriegsschäden prägen bis heute überwiegend Häuser aus der Gründerzeit das Straßenbild der Rudolf-Leonhard-Straße. Zerstört wurde jedoch die 1866 von Theodor Friedrich an der Ecke zur Schanzenstraße gelegene 7. und 14. Bezirksschule. Heute befindet sich an ihrer Stelle eine Grünfläche mit Kinderspielplatz und einer kleinen Freilichtbühne. Nach 1990 wurde mit der Sanierung der zum Teil stark verfallenen Gebäude begonnen. Ebenso wie in der Äußeren Neustadt entstand auch hier in den letzten Jahren ein kleines “Kneipenviertel” sowie das links-alternative Kulturzentrum “AZ Conni” (Rudolf-Leonhard-Straße 39). Hier finden regelmäßig verschiedene Veranstaltungen und Konzerte statt. Außerdem gehören ein kleines Café und ein Buchladen zum Haus.
Foto: Blick in die Oppelstraße vom Königsbrücker Platz
Einzelne Gebäude:
Nr. 9 (Zum Kamerad): Das um 1890 errichtete Mehrfamilienhaus beherbergte bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine Gastwirtschaft, die 1912 unter dem Namen "Zum Kamerad" nachweisbar ist. Sie gehörte zu den zahlreichen kleinen Lokalen des dichtbesiedelten Arbeiterviertels. Nach 1990 wurden die Räume zeitweise als Bioladen "Lilisou", ab 2013 als Bar „Costa“ mit Billard, Dart und Spielautomaten genutzt.
Nr. 12: Im Erdgeschoss dieses Hauses betrieb der Verein Volkswohl zeitweise eines seiner Volksheime. Der aus dem 1880 in Dresden gegründeten "Verein gegen Armennot und Bettelei" hervorgegangene Verein hatte solche Einrichtungen in zahlreichen Dresdner Stadtteilen geschaffen und bot hier ärmeren Schichten eine Möglichkeit zu Erholung, Unterhaltung und Bildung in Kombination mit dem Verkauf preiswerter Speisen und Getränke.
Nr. 13 (Oppellstädter Gesellschaftshaus): Das um 1860 entstandene Wohn- und Geschäftshaus gehört zu den zahlreichen Baudenkmalen der Rudolf-Leonhard-Straße. Das als Restaurant "Gesellschaftshaus" bzw. "Oppelstädter Gesellschaftshaus und Café" bezeichnete Lokal (Foto) befand sich in den 1930er Jahren im Besitz des Gastwirtspaares Geier und existierte noch bis in die Nachkriegszeit. Auch heute werden die Räume wieder gastronomisch genutzt.
Nr. 14: Auch dieses Wohn- und Geschäftshaus gehört zu den typischen Gründerzeitbauten und entstand kurz nach 1900. Mit seinen Ladeneinbauten und der weitgehend erhaltenen originalen Flur- und Treppenhausgestaltung steht es wie die meisten Nachbargebäude unter Denkmalschutz.
Nr. 28 (Restaurant zur Kanone): Offensichtlich in Anlehnung an die nahe Albertstadt erhielt die im Erdgeschoss dieses um 1885 entstandenen Mietshauses befindliche Gaststätte ihren Namen "Zur Kanone". Genannt wird sie zeitweise auch als Weinstube.
Schröter'sche Unterrichts- und Erziehungs-Anstalt (Nr. 44): Die Einrichtung wurde 1873 als "Familienpension für schwachbefähigte Kinder" gegründet und von Friedrich Wilhelm Schröter (1844-1910) geleitet. Schröter hatte zuvor als Lehrer an der 5. und 7. Bezirksschule gearbeitet und war zugleich ab 1884 Stadtrat. Mit seiner am 3. Dezember 1873 eröffneten Privatanstalt an der Oppelstraße / Ecke Tannenstraße (ehem. 22b, jetzt 44) war er einer der Vorreiter bei der Erziehung und Unterrichtung von geistig behinderten Kindern in Sachsen. Neben der Betreuung von Kindern ab 5 Jahren wurden hier auch Lehrerinnen für diese Aufgabe ausgebildet. Auch Schülerinnen der Dresdener Fröbel-Stiftung besuchten Schröders Anstalt. Nach Schröters Tod 1910 übernahm sein ehemaliger Mitarbeiter Hermann Otto Trillitzsch das Institut und verlegte es Mitte der 1920er Jahre nach Moritzburg. Nach 1990 stand das Gebäude viele Jahre leer und wurde um 2015 zugunsten eines modernen Neubaus abgerissen.
Nr. 52 (Zum Kyffhäuser): In diesem Haus befand sich ab 1896 das Hotel und Restaurant "Zum Kyffhäuser" von Heinrich Müller. Vermutlich noch vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Hotelnutzung wieder aufgegeben, wobei das Restaurant im Erdgeschoss jedoch erhalen blieb. Weitere Räume dientem zeitweise als Fotografenatelier.
Nr. 54 (Eichengarten): Auch in diesem Gebäude befand sich einst eine Gaststätte, das Restaurant "Eichengarten". Um 1910 warben die Besitzer mit "schönstem angenehmem Aufenthalt, guter Küche und Bewirtung", musikalischer Unterhaltung und einer hauseigenen Kegelbahn. Das bis heute erhaltene Haus wird heute u.a. als Künstlerateilier und Siebdruckerei genutzt.
Nr. 62 und 68: Auch im nördlichen Teil der Oppelstraße gab es noch zwei Lokale. So befand sich im Haus Oppelstraße 66 (später 62) um 1910 die Gaststätte "Zum silbernen Löwen", einige Häuser weiter in der Nr. 68 das noch bis in die Nachkriegszeit existierende Restaurant Zur Heide. Beide Gebäude sind heute nicht mehr vorhanden.
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